Mehr als ein Jahr nach dem Sturz des Regimes von Baschar al-Assad hatte man gehofft, dass Syrien in eine neue historische Phase eintreten würde – eine Phase des Wiederaufbaus, der demokratischen Erneuerung und der Befreiung von Jahrzehnten der Angst und Unterdrückung. Doch stattdessen entstand eine neue Form des Autoritarismus, die sich in der Sprache der Revolution und der Befreiung kleidet. Ahmad al-Scharaa, besser bekannt als al-Dschulani, und sein Umfeld haben in Damaskus eine neue Ordnung errichtet, die das alte System nicht einfach ersetzt, sondern es in seiner Essenz fortsetzt: Kontrolle, Ideologisierung und die systematische Ausschaltung jeglicher abweichender Stimme – nun unter den Bannern von „Befreiung“ und „Scharia“.
Die syrische Tragödie kann heute durch zwei aufeinanderfolgende Bilder des Terrors beschrieben werden: die Schläger Assads, die den nackten, sektiererischen und militärisch gestützten Despotismus des Baathismus verkörperten, und die Trommler des al-Scharaa, also die Ideologen, Prediger und Intellektuellen, die den neuen Herrscher in Damaskus rechtfertigen und preisen. Zwischen diesen beiden Systemen besteht keine institutionelle, wohl aber eine strukturelle Kontinuität: Beide beruhen auf Angst, Gehorsam und Mythenbildung, um Macht zu sichern, während jede echte gesellschaftliche und geistige Alternative zerschlagen wird.
Der Zusammenbruch des Assad-Regimes bedeutete nicht das Ende der autoritären Denkweise. Die neuen Machthaber übernahmen eine traumatisierte, erschöpfte Gesellschaft und nutzten deren Schwäche, um die alte Machtstruktur in neuem Gewand wiederaufzubauen. Der Aufstieg al-Dschulanis – vom Milizkommandeur zum selbsternannten „Befreier von Damaskus“ – war keine vollendete Revolution, sondern eine Neuauflage der Herrschaft, eine Verschiebung von staatlicher Unterdrückung zu doktrinärer Unterdrückung.
Die sogenannten „Trommler des al-Scharaa“ – eine neue Klasse von Kommentatoren, Geistlichen und Intellektuellen, die sich um al-Dschulani scharen – erfüllen heute dieselbe Funktion, die einst die kulturelle Elite des Assad-Regimes innehatte. Sie rechtfertigen Unterdrückung als „Stabilität“, Schweigen als „Weisheit“ und brandmarken jede Kritik als „Aufruhr“ oder „ausländische Verschwörung“. Damit haben sie den Diskurs des Widerstands in ein Instrument der Manipulation verwandelt. Die alten Parolen von „Standhaftigkeit“ und „Souveränität“ wurden durch religiöse Begriffe wie „Scharia“ und „Befreiung“ ersetzt – doch die dahinterliegende Wahrheit ist dieselbe: die Verteidigung unkontrollierter Macht.
Das heutige Damaskus, regiert von al-Dschulani, ist – wie zuvor unter Assad – kein Staat der Bürger, sondern ein Geflecht aus Sicherheitsapparat, ökonomischer Kontrolle und ideologischer Lenkung. Das neue Regime stützt sich auf drei zentrale Säulen:
Aus wissenschaftlicher Sicht stellt der Übergang vom Assad-Regime zu al-Dschulani ein Beispiel für autoritäre Kontinuität dar. Die Gewaltapparate haben den Besitzer gewechselt, doch die kulturelle und psychologische Architektur des Gehorsams ist unverändert geblieben. Beide Systeme beruhen auf derselben Logik: der Führer als Schicksal, Kritik als Verrat, Stabilität als Unterwerfung.
Besonders gefährlich in dieser Nach-Assad-Ära ist der Verlust des nationalen Sinns. Unter Assad wurde der Nationalismus missbraucht, um Tyrannei im Namen der Einheit zu rechtfertigen; unter al-Dschulani wird nun Religion missbraucht, um dieselbe Tyrannei im Namen der göttlichen Ordnung zu sichern. Der säkulare Diktator wurde durch einen doktrinären Emir ersetzt, und die „Republik der Angst“ verwandelte sich in ein „Emirat der Tugend“. In beiden Fällen bleibt Syrien ein Territorium der Kontrolle, kein Heimatland der Bürger.
Das Auftreten der „Trommler des al-Scharaa“, dieser neuen kulturellen und medialen Elite, offenbart die moralische Bankrotterklärung vieler, die einst im Namen der Revolution sprachen. Sie haben kritisches Denken durch Propaganda ersetzt, Ethik durch Loyalität und den Kampf um Gerechtigkeit durch den Lobpreis der Macht. Diese Akteure sind nicht bloß Mitläufer; sie sind aktive Architekten einer neuen Normalisierung des Despotismus, die das Image des Regimes glättet und zugleich seine Opfer zum Schweigen bringt.
Damaskus steht heute in einem tragischen Paradoxon: Befreit vom Baath-Diktator, doch gefangen in einem neuen Absolutismus. Die Angst, die einst aus den Büros der Geheimdienste kam, geht nun von den religiösen Behörden aus. Die Parolen haben sich geändert, aber das Schweigen bleibt.
Aus akademischer Perspektive zeigt sich hier das Phänomen der autoritären Mutation – politische Systeme passen sich an, um zu überleben, indem sie ihre ideologische Sprache ändern, während sie ihr repressives Wesen bewahren. In solchen Systemen wird Macht nicht übertragen, sondern transformiert; Gewalt wird moralisiert, Kontrolle sakralisiert.
Die Rettung Syriens liegt daher nicht in der Wahl zwischen alter und neuer Autokratie, sondern im radikalen Bruch mit beiden. Notwendig ist eine epistemologische und moralische Emanzipation – die Überwindung der Kultur des Gehorsams und aller Diskurse, die Gewalt im Namen von Gesetz, Glaube oder Revolution rechtfertigen. Syrien kann nur wiedergeboren werden, wenn seine Bürger ihre politische und moralische Eigenverantwortung zurückerlangen – wenn sie aufhören, Untertanen zu sein, und beginnen, Bürger zu werden.
Die syrische Intelligenzija, im Land und im Exil, trägt hier eine zentrale Verantwortung: die „Trommler des al-Scharaa“ zu entlarven, so wie einst die Propagandisten Assads entlarvt wurden, und ein neues bürgerliches Bewusstsein zu schaffen, das den Menschen über die Ideologie stellt, die Gerechtigkeit über die Loyalität und die Würde über die Macht.
Der heutige Konflikt in Syrien ist nicht mehr einer zwischen Regime und Opposition, noch zwischen Säkularismus und Islamismus, sondern zwischen Freiheit und den neu etikettierten Gesichtern der Tyrannei. Solange dieser Kampf nicht zugunsten der Freiheit entschieden ist, bleibt Syrien gefangen – zwischen den Schlägern Assads und den Trommlern des al-Scharaa, zwischen Verlust und Zerstörung.
Die syrische Tragödie kann heute durch zwei aufeinanderfolgende Bilder des Terrors beschrieben werden: die Schläger Assads, die den nackten, sektiererischen und militärisch gestützten Despotismus des Baathismus verkörperten, und die Trommler des al-Scharaa, also die Ideologen, Prediger und Intellektuellen, die den neuen Herrscher in Damaskus rechtfertigen und preisen. Zwischen diesen beiden Systemen besteht keine institutionelle, wohl aber eine strukturelle Kontinuität: Beide beruhen auf Angst, Gehorsam und Mythenbildung, um Macht zu sichern, während jede echte gesellschaftliche und geistige Alternative zerschlagen wird.
Der Zusammenbruch des Assad-Regimes bedeutete nicht das Ende der autoritären Denkweise. Die neuen Machthaber übernahmen eine traumatisierte, erschöpfte Gesellschaft und nutzten deren Schwäche, um die alte Machtstruktur in neuem Gewand wiederaufzubauen. Der Aufstieg al-Dschulanis – vom Milizkommandeur zum selbsternannten „Befreier von Damaskus“ – war keine vollendete Revolution, sondern eine Neuauflage der Herrschaft, eine Verschiebung von staatlicher Unterdrückung zu doktrinärer Unterdrückung.
Die sogenannten „Trommler des al-Scharaa“ – eine neue Klasse von Kommentatoren, Geistlichen und Intellektuellen, die sich um al-Dschulani scharen – erfüllen heute dieselbe Funktion, die einst die kulturelle Elite des Assad-Regimes innehatte. Sie rechtfertigen Unterdrückung als „Stabilität“, Schweigen als „Weisheit“ und brandmarken jede Kritik als „Aufruhr“ oder „ausländische Verschwörung“. Damit haben sie den Diskurs des Widerstands in ein Instrument der Manipulation verwandelt. Die alten Parolen von „Standhaftigkeit“ und „Souveränität“ wurden durch religiöse Begriffe wie „Scharia“ und „Befreiung“ ersetzt – doch die dahinterliegende Wahrheit ist dieselbe: die Verteidigung unkontrollierter Macht.
Das heutige Damaskus, regiert von al-Dschulani, ist – wie zuvor unter Assad – kein Staat der Bürger, sondern ein Geflecht aus Sicherheitsapparat, ökonomischer Kontrolle und ideologischer Lenkung. Das neue Regime stützt sich auf drei zentrale Säulen:
- Sicherheitsdominanz durch Milizen und Geheimdienste, die dem „Emir“ statt dem Volk loyal sind.
- Wirtschaftliche Monopolisierung durch intransparente Handelsnetzwerke und Kriegsprofite.
- Ideologische Legitimierung durch religiöse und mediale Akteure, die das Regime moralisch absichern und seine Repression als göttliche Pflicht darstellen.
Aus wissenschaftlicher Sicht stellt der Übergang vom Assad-Regime zu al-Dschulani ein Beispiel für autoritäre Kontinuität dar. Die Gewaltapparate haben den Besitzer gewechselt, doch die kulturelle und psychologische Architektur des Gehorsams ist unverändert geblieben. Beide Systeme beruhen auf derselben Logik: der Führer als Schicksal, Kritik als Verrat, Stabilität als Unterwerfung.
Besonders gefährlich in dieser Nach-Assad-Ära ist der Verlust des nationalen Sinns. Unter Assad wurde der Nationalismus missbraucht, um Tyrannei im Namen der Einheit zu rechtfertigen; unter al-Dschulani wird nun Religion missbraucht, um dieselbe Tyrannei im Namen der göttlichen Ordnung zu sichern. Der säkulare Diktator wurde durch einen doktrinären Emir ersetzt, und die „Republik der Angst“ verwandelte sich in ein „Emirat der Tugend“. In beiden Fällen bleibt Syrien ein Territorium der Kontrolle, kein Heimatland der Bürger.
Das Auftreten der „Trommler des al-Scharaa“, dieser neuen kulturellen und medialen Elite, offenbart die moralische Bankrotterklärung vieler, die einst im Namen der Revolution sprachen. Sie haben kritisches Denken durch Propaganda ersetzt, Ethik durch Loyalität und den Kampf um Gerechtigkeit durch den Lobpreis der Macht. Diese Akteure sind nicht bloß Mitläufer; sie sind aktive Architekten einer neuen Normalisierung des Despotismus, die das Image des Regimes glättet und zugleich seine Opfer zum Schweigen bringt.
Damaskus steht heute in einem tragischen Paradoxon: Befreit vom Baath-Diktator, doch gefangen in einem neuen Absolutismus. Die Angst, die einst aus den Büros der Geheimdienste kam, geht nun von den religiösen Behörden aus. Die Parolen haben sich geändert, aber das Schweigen bleibt.
Aus akademischer Perspektive zeigt sich hier das Phänomen der autoritären Mutation – politische Systeme passen sich an, um zu überleben, indem sie ihre ideologische Sprache ändern, während sie ihr repressives Wesen bewahren. In solchen Systemen wird Macht nicht übertragen, sondern transformiert; Gewalt wird moralisiert, Kontrolle sakralisiert.
Die Rettung Syriens liegt daher nicht in der Wahl zwischen alter und neuer Autokratie, sondern im radikalen Bruch mit beiden. Notwendig ist eine epistemologische und moralische Emanzipation – die Überwindung der Kultur des Gehorsams und aller Diskurse, die Gewalt im Namen von Gesetz, Glaube oder Revolution rechtfertigen. Syrien kann nur wiedergeboren werden, wenn seine Bürger ihre politische und moralische Eigenverantwortung zurückerlangen – wenn sie aufhören, Untertanen zu sein, und beginnen, Bürger zu werden.
Die syrische Intelligenzija, im Land und im Exil, trägt hier eine zentrale Verantwortung: die „Trommler des al-Scharaa“ zu entlarven, so wie einst die Propagandisten Assads entlarvt wurden, und ein neues bürgerliches Bewusstsein zu schaffen, das den Menschen über die Ideologie stellt, die Gerechtigkeit über die Loyalität und die Würde über die Macht.
Der heutige Konflikt in Syrien ist nicht mehr einer zwischen Regime und Opposition, noch zwischen Säkularismus und Islamismus, sondern zwischen Freiheit und den neu etikettierten Gesichtern der Tyrannei. Solange dieser Kampf nicht zugunsten der Freiheit entschieden ist, bleibt Syrien gefangen – zwischen den Schlägern Assads und den Trommlern des al-Scharaa, zwischen Verlust und Zerstörung.

