Erstellung des Berichts: Geostrategic Studies Team
Nach der Machtübernahme in Damaskus durch Hay’at al-Tahrir unter der Führung von Ahmad al-Shar’a stellt sich die Frage, wie sich der regionale Wettbewerb zwischen Saudi-Arabien und der Türkei um die Gestaltung des neuen syrischen Regimes entwickeln wird. Während Riad Syrien zurück in die arabische Gemeinschaft holen möchte, versucht Ankara, seinen Einfluss durch seine etablierte regionale Strategie aufrechtzuerhalten. Die zentrale Frage lautet: Wird es den arabischen Staaten gelingen, die neue syrische Regierung für sich zu gewinnen, oder wird die Türkei weiterhin die politische und ideologische Richtung des neuen Regimes bestimmen?
1. Saudi-Arabien vs. Türkei: Ein strategischer Wettbewerb um Syrien
Syrien ist seit langem eine Arena für geopolitische Auseinandersetzungen. Sowohl Saudi-Arabien als auch die Türkei haben ein großes Interesse daran, die politische Zukunft des Landes zu beeinflussen.
Die Position Saudi-Arabiens: Rückkehr in die arabische Gemeinschaft
Riad betrachtet die neue Führung in Damaskus als Gelegenheit, den Einfluss des Iran und der Türkei zurückzudrängen.
Saudi-Arabien könnte wirtschaftliche und politische Anreize bieten, um Syrien wieder in die Arabische Liga zu integrieren und eine Regierung zu etablieren, die mit den Interessen des Golfstaates übereinstimmt.
Das Hauptziel Riads ist es, Syrien unter einer sunnitischen Führung zu stabilisieren und gleichzeitig türkische und iranische Einflussnahme zu verhindern.
Die Position der Türkei: Erhalt des strategischen Einflusses
Die Türkei war ein wichtiger Akteur in Syrien, unterstützte Oppositionsgruppen und unterhält eine militärische Präsenz im Norden des Landes.
Ankara wird seinen Einfluss nicht kampflos aufgeben und könnte militärische, wirtschaftliche und ideologische Hebel nutzen, um die Kontrolle über die neue syrische Führung zu behalten.
Falls sich die neue Regierung in Richtung der arabischen Welt bewegt, könnte die Türkei politischen Druck ausüben, insbesondere über islamistische Fraktionen, die mit ihr verbündet sind.
2. Ahmad al-Shar’a: Zwischen dem saudischen und dem türkischen Modell
Die politische und ideologische Ausrichtung von Ahmad al-Shar’a wird maßgeblich über Syriens zukünftige Bündnisse entscheiden.
Wird er sich Saudi-Arabien annähern?
Seine sunnitisch-islamische Rhetorik steht dem religiösen und politischen Modell des Golfes nahe.
Saudi-Arabien könnte erhebliche finanzielle und politische Unterstützung anbieten, um Syrien von der Türkei und dem Iran zu distanzieren.
Riad könnte versuchen, ein gemäßigtes islamisches Regierungssystem zu fördern, das als Gegenmodell zur türkischen Einflusssphäre dient.
Oder ist das türkische Modell attraktiver?
Die politische Erfahrung der regierenden AKP unter Erdoğan könnte für al-Shar’a als Vorbild dienen, falls er ein islamisches, aber pragmatisches politisches System anstrebt.
Die Türkei verfügt über eine langjährige Strategie zur Einflussnahme auf islamistische Bewegungen und könnte versuchen, Syriens politische Struktur in ihrem Sinne zu formen.
Ankaras militärische und logistische Präsenz im Norden Syriens bleibt ein Druckmittel, um Syrien in seiner Einflusssphäre zu halten.
3. Kann Saudi-Arabien Syrien erfolgreich für sich gewinnen?
Der Erfolg Saudi-Arabiens hängt davon ab, ob es konkrete Vorteile wie wirtschaftliche Unterstützung und diplomatische Bemühungen zur Aufhebung internationaler Sanktionen bieten kann.
Eine umfassende arabische diplomatische Initiative wird entscheidend sein, um Syrien in das regionale System zurückzuführen.
Die Türkei wird jedoch nicht bereit sein, ihren strategischen Einfluss kampflos aufzugeben, was einen vollständigen saudischen Erfolg erschweren könnte.
4. Mögliche Szenarien
1. Saudi-Arabien gewinnt die Oberhand
Falls Saudi-Arabien starke wirtschaftliche und politische Anreize bietet, könnte Damaskus sich enger an Riad und die arabische Welt binden, wodurch der türkische Einfluss schwindet.
2. Die Türkei behält ihren Einfluss
Falls Ankara es schafft, die neue syrische Führung zu lenken, könnte Damaskus weiterhin unter dem Einfluss der Türkei bleiben und sich ideologisch und strategisch an ihr orientieren.
3. Ein ausbalancierter Ansatz
Ahmad al-Shar’a könnte einen pragmatischen Kurs einschlagen, indem er gute Beziehungen zu beiden Seiten aufrechterhält, um wirtschaftliche und politische Vorteile aus beiden Lagern zu ziehen.
Fazit
Der saudisch-türkische Machtkampf um Syrien nach der Machtübernahme von Hay’at al-Tahrir und Ahmad al-Shar’a spiegelt größere geopolitische Verschiebungen im Nahen Osten wider. Obwohl die religiöse Ausrichtung der neuen Führung eher mit Saudi-Arabien übereinstimmt, bleibt die Türkei durch ihren starken Einfluss vor Ort ein dominanter Akteur in der Gestaltung der syrischen Zukunft. Letztendlich wird das Kräfteverhältnis zwischen beiden Staaten darüber entscheiden, ob Damaskus sich der arabischen Welt anschließt oder in Ankaras Einflusssphäre verbleibt.