Erstellung des Berichts: Geostrategic Studies Team
Syrien ist ein Schnittpunkt regionaler und internationaler Mächte, darunter die Türkei und Israel. Beide Akteure verfolgen in Syrien unterschiedliche Ziele und unterhalten eine komplexe Beziehung, die sowohl begrenzte Zusammenarbeit als auch scharfe Rivalität umfasst. Obwohl sich die Türkei und Israel derzeit nicht in einem direkten Konflikt befinden, könnten sich ihre überschneidenden Ziele und Interessen in Syrien in Spannungen oder sogar indirekten Konfrontationen niederschlagen.
1. Die Interessen der Türkei in Syrien:
Die Türkei konzentriert sich vor allem auf:
Nationale Sicherheit: Verhinderung der Errichtung einer unabhängigen kurdischen Entität nahe ihrer Grenzen, die sie als existenzielle Bedrohung ansieht. Militäroperationen wie „Schutzschild Euphrat“ und „Olivenzweig“ unterstreichen diese Priorität.
Regionale Stabilität: Die Türkei versucht, die Stabilität in den von ihr kontrollierten Gebieten im Norden Syriens zu gewährleisten, um Flüchtlingsströme zu verhindern und den Einfluss kurdischer Milizen einzudämmen.
Geopolitischer Einfluss: Die Türkei strebt an, ihren Einfluss in Syrien zu bewahren, sei es durch die Unterstützung oppositioneller Kräfte oder durch Verhandlungen im Rahmen der Astana- und Sotschi-Prozesse.
2. Die Interessen Israels in Syrien:
Israels Prioritäten sind:
Nationale Sicherheit: Bekämpfung des iranischen Einflusses in Syrien und gezielte Angriffe auf Waffenlieferungen an die Hisbollah.
Grenzsicherung: Gewährleistung der Stabilität auf den besetzten Golanhöhen und Vermeidung von Bedrohungen in Grenznähe.
Regionale Machtbalance: Begrenzung des iranischen und türkischen Einflusses, um seine strategische Dominanz in der Region zu wahren.
3. Überschneidende und widersprüchliche Interessen:
Iranische Präsenz: Während die Türkei den iranischen Einfluss ablehnt, liegt ihr Hauptfokus auf der Bekämpfung kurdischer Milizen. Israel betrachtet die Präsenz der Türkei nicht als direkte Bedrohung, sieht jedoch türkische Schritte gegen den Iran als potenziell vorteilhaft.
Nordsyrien: Die militärische Präsenz der Türkei in Nordsyrien könnte mit den Interessen Israels kollidieren, wenn sie die Region destabilisiert oder feindlichen Fraktionen die Ausbreitung ermöglicht, insbesondere wenn die Türkei Allianzen mit Gruppen eingeht, die Israel in Zukunft bedrohen könnten.
4. Mögliche Konfliktszenarien:
A. Indirekte Konfrontation: Eine zunehmende Rivalität könnte zu indirekten Zusammenstößen über Stellvertreter führen, wobei die Türkei Fraktionen für ihre strategischen Interessen unterstützt und Israel diese Fraktionen ins Visier nimmt, wenn sie mit dem Iran oder der Hisbollah verbunden sind.
B. Begrenzte militärische Eskalation: Falls die Türkei Maßnahmen ergreift, die von Israel als Bedrohung wahrgenommen werden – etwa die Unterstützung extremistischer Gruppen in der Nähe der Golanhöhen – könnte Israel gezielte Luftangriffe starten, um die Bedrohung zu neutralisieren.
C. Taktische Annäherung: Wenn Interessen übereinstimmen (z. B. die Eindämmung des iranischen Einflusses), könnte es zu indirekter Koordination oder einer gegenseitigen Vermeidung von Konflikten kommen.
5. Faktoren, die eine Eskalation hemmen:
Wirtschaftliche und politische Beziehungen: Trotz politischer Spannungen pflegen die Türkei und Israel wirtschaftliche Beziehungen, insbesondere im Energiesektor, die als Puffer gegen eine Eskalation dienen.
Die Rolle der USA: Die USA fungieren als Vermittler zwischen beiden, angesichts ihrer Allianz mit Israel und ihrer NATO-Partnerschaft mit der Türkei.
Regionaler Machtgleichgewicht: Beide Seiten könnten davon absehen, einander zu antagonisieren, während sie sich anderen Herausforderungen wie dem Einfluss Russlands und Irans gegenübersehen.
6. Strategische Empfehlungen:
Für die Türkei: Ankara sollte seine Beziehungen zu bewaffneten Gruppen in Syrien sorgfältig managen, um Israel nicht zu provozieren. Zudem könnte die Türkei gemeinsame Interessen mit Israel bei der Bekämpfung des Iran nutzen, um Spannungen zu entschärfen.
Für Israel: Tel Aviv könnte die indirekten Kommunikationskanäle mit der Türkei stärken, um Missverständnisse und Eskalationen zu vermeiden, und gleichzeitig die Bemühungen zur Eindämmung des iranischen Einflusses fortsetzen.
Fazit:
Ein türkisch-israelischer Konflikt in Syrien ist nicht unvermeidlich, bleibt aber eine Möglichkeit angesichts anhaltender Interessenkonflikte. Die Zukunft hängt davon ab, ob beide Seiten in der Lage sind, Differenzen und Überschneidungen ihrer Prioritäten durch diplomatische Kanäle und implizite Sicherheitskoordinierung zu managen. Ohne solche Bemühungen könnte die Wahrscheinlichkeit einer indirekten Eskalation im komplexen syrischen Konfliktszenario steigen.